The art of evil - Die Kunst des Bösen
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The art of evil - Die Kunst des Bösen
von Argos am 20.06.2018 18:44The art of evil - Die Kunst des Bösen
Ein für mich persönlich sehr wichtiges Thema, welches ich in diesem Beitrag näher erläutern möchte, ist die Gestaltung eines Bösewichts im Rollenspielbereich. Auch wenn viele Spieler Abstand davon nehmen, sich an einem Bösewicht zu versuchen, so würde ich das qualitativ hochwertige Bespielen eines bösen Charakters als "Königsdisziplin" im Rollenspielbereich bezeichnen.
Diese These stützt sich mitunter auch darauf, dass die Hauptantwort jener Personen sind, die keinen Bösewicht spielen wollen, in der Regel wie folgt lautet:
Und tatsächlich: In meinen Augen kann man beim Spielen eines Charakters böser Gesinnung noch weitaus mehr falsch machen, als beim Spielen eines klassischen Helden.
Aus diesem Grund möchte ich allen Interessierten und Experimentierfreudigen diesen Leitfaden mit auf dem Weg geben.
Dabei darf dieser nicht als simples Kochrezept verstanden werden, dessen Befolgung automatisch den ultimativen Schurken nach sich zieht. Vielmehr kann man sich an den einzelnen Abschnitten orientieren und überprüfen, ob man alle notwendigen Fragen beantwortet hat und ob sich der Charakter überhaupt als Bösewicht eignet.
Die nachfolgenden Schritte nenne ich daher liebevoll "Die Sünden der Bosheit".
Wer jene meidet, ist auf dem besten Weg, einen wundervolle neuen Fiesling ins Leben zu rufen.
Also fangen wir an:
1. Der Ursprung des Bösen
Zu diesem Punkt erstmal ein kleiner philosophischer Erguss meinerseits:
Kein Mensch ist von Natur aus böse!
Wäre dies nicht so, so könnten wir diesen Individuen von Beginn an die Menschenwürde aberkennen und sie eliminieren, bevor ihre boshaften Gene sich in Taten zeigen können.
Nein, wenn ein Mensch geboren wird, so ist er weder gut noch böse, er ist einfach da.
Kein Mensch entscheidet sich böse zu sein!
Über diese Aussage könnte man streiten. Wieso entschließt sich dann jemand zu einem Mord? Wieso hasst jemand eine andere Rasse? Wieso misshandelt der Vater seine Kinder?
Ganz einfach: Er hat keine Wahl!
Bevor hier die Proteste aufkommen, möge man sich an die Aussage wenige Zeilen weiter oben erinnern:
Ein Neugeborenes ist weder gut noch böse. Falsch wäre es allerdings, zu behaupten, dass dieser Zustand längere Zeit anhält. Denn in dem Moment, in dem das Kind das Licht der Welt erblickt, beginnen die Kräfte der Gesellschaft an ihm zu zerren, noch bevor es einen Tag Schonfrist hatte.
Nicht das Kind entscheidet sich, ob es in den Slums von Froenya, einer guten mittelständigen Familie oder gar dem Schwanenpalast selbst aufwächst.
Nicht das Kind entscheidet, ob seine Eltern sich lieben, der Vater die Mutter verlassen hat oder ob die Mutter drogenabhängig ist und das Kind an der nächsten Babyklappe abgibt.
Nicht das Kind entscheidet, ob es geliebt wird, ob es regelmäßig geschlagen wird oder schlichtweg übersehen.
Dies alles entscheidet die Gesellschaft für ihn.
Alles was das Kind tun kann, ist reagieren. Dieses einfache dritte Gesetz des Physikers Newtons "Aktion = Reaktion" erklärt in aller Kürze, wie das Böse Wurzeln schlagen und erblühen kann.
"Wer Wind säht, wird Sturm ernten"...."Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück". Unsere Sprache ist voll von Sprichworten, die eben diese Lebensweisheit ausdrücken und uns vergegenwärtigen sollen.
Doch nur allzu leicht wird dabei vergessen, dass es auf jeden zutrifft, nicht nur auf "die Anderen"
Jeder Mensch leistet seinen Beitrag, ob seine Mitmenschen "gut" oder "böse" handeln, sofern man diese Einteilung überhaupt noch vertreten kann.
Im Grunde ist nämlich kein Mensch gut oder böse....die Gesellschaft die ihn prägte, die war es höchstens.
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"Warum schreibe ich das?", wird sich jetzt der oder andere fragen und die Antwort ist einfach.
Der häufigste Fehler, den Neulinge machen ist, dass ihr Charakter einfach nur böse ist. Wenn man Glück hat, wird noch erwähnt, dass er eine "harte Kindheit" hatte, aber das ist dann auch schon das Äußerste der Gefühle.
Darum der grundlegendste Rat, der bei der Erstellung JEDES Charakters, aber ganz besonders bei bösen Charakteren im Vordergrund stehen sollte.
Klärt die Vergangenheit eures Charakters ab!
Warum wurde er so, wie er ist?
Welche Personen begleiteten ihn auf seinem Weg?
Wie geriet er in seine jetzige Situation?
Stellt euch diese Fragen und wenn ihr sie zu eurer Zufriedenheit beantworten könnt, dann seid ihr auf dem Weg zum Fiesling einen guten Schritt weiter.
2. Schurke vs Arschloch
Als zweite Sünde möchte ich nun den Unterschied zwischen einem Schurken und einem schlechten Menschen abklären.
Dies erscheint mir notwendig, da für viele ein rüpelhafter Söldner bereits als "Bösewicht" angesehen wird.
Folgt man aber dieser Logik, dann wäre in der realen Welt mindestens jeder zweite Mensch "böse", weil er hauptsächlich an sich denkt und nicht durchgehend nett und liebenswürdig ist.
Also lasst mich euch sagen:
Wenn euer Charakter rücksichtslos handelt, keine Zwerge leiden kann und diese in der Taverne zur Seite stößt, um sich vorzudrängeln, dann ist euer Charakter kein "Bösewicht", sondern schlicht und einfach ein "Arschloch".
In den nachfolgenden Schritten werdet ihr noch nachlesen können, was in meinen Augen einen echten Bösewicht auszeichnet.
Bevor ihr also fortfahrt und euer Charakterkonzept mit diesem Leitfaden vergleicht, solltet ihr euch als Erstes die Frage stellen:
"Hat meine Figur einfach nur einen schlechten Charakter oder qualifiziert ihn noch mehr als Fiesling?
3. Die Langeweile von Schwarz & Weiß!
In aller Kürze: Eine Welt, in der Charaktere nur in "Gut" und "Böse" unterteilt werden ist zum Sterben langweilig. Folglich sind auch Charaktere, die durchgängig gut (Gutmenschen) oder böse (Vollzeitschurken) sind, auf Dauer langweilig.
Für euren Charakter bedeutet das konkret:
Gebt ihm Ecken und Kanten und vor allem: Ein LEBEN
Nur, weil euer Schurke z.B. die Auslöschung der Zwerge anstrebt, so kann er dennoch marodierenden Räuberbanden in Ambra kritisch gegenüberstehen und bei deren Eliminierung helfen.
Nur weil euer Priester des ersten Lichts Tierwandler verbrennt, so kann er Notleidenden helfen, weil er sich mit seiner eigenen Rasse solidarisiert.
Nur weil euer Charakter böse sein soll, ist nicht seine ganze Existenz durchgängig davon bestimmt.
Auch euer Charakter kann sich abends in eine Taverne setzen und ausgelassen feiern. Er kann auf einen Tanzball gehen, sich verlieben, Freundschaften pflegen, usw...
Stellt euch also für euren eigenen Charakter die Frage, ob das ganze Konzept darauf basiert, dass eurer Charakter böse ist, oder ob die Bosheit lediglich eine Facette seiner Existenz ist.
Solltet das Ergebnis ersteres sein, so tretet den Charakter am Besten gleich in die Tonne und überlegt euch was anderes.
4. Auch Schurken haben ein Leben!
Anschließend an die Frage, ob euer Charakter aus mehr besteht, als der Absicht böses zu tun, solltet ihr euch auch die Frage stellen, ob ihr im Spiel die Möglichkeit habt, die andere Facetten eurer Figur auszuleben.
Dabei seid sowohl ihr als auch eure Mitspieler in der Pflicht, sich Gedanken zu machen, denn hier seid ihr zu einem gewissen Grad von anderen abhängig.
Nirgendwo sonst ist es im Rollenspiel so wichtig, zwischen Offplay- und Inplay-Wissen zu trennen.
Während es bei einem Priester der Kirche des ersten Lichts authentisch ist, wenn sich die Leute in einer Taverne von ihm wegsetzen, weil sie nicht seine Ansichten teilen, so ist ein Nekromant rein äußerlich nicht als solcher zu erkennen und kann in der Taverne "eigentlich" nicht bereits vorverurteilt werden.
So wird ein Priester seinen Alltag eher mit Gleichgesinnten verbringen (müssen), während der Nekromant im Grunde unbegrenzte Möglichkeiten bei der Wahl seiner Gegenüber besitzt.
Das Eigentlich ist hier in Anführungszeichen, weil dieser Punkt nicht in eurer Hand liegt, sondern davon abhängt, dass eure Mitspieler sich darauf einlassen und damit leben können, dass ihre Charaktere nicht allwissend sind.
Sollte euch auffallen, dass das Offplay-Wissen um die "Bosheit" eurer Charaktere das Spiel beeinflusst, so scheut euch nicht, eure Spielpartner darauf anzusprechen. Sollten diese uneinsichtig reagieren, würde ich euch allerdings raten, das Spiel abzubrechen.
Aus meiner eigenen Erfahrung heraus, werdet ihr mit eurem Bösewicht mit solchen Spielern nicht glücklich, denn ihr könnt eure Pläne noch so raffiniert gestalten, die Charaktere dieser Spieler werden dennoch alles bereits vorher wissen und es verhindern können.
Das Ende vom Lied ist dann, dass sie sich heldenhaft und toll fühlen und ihr einfach nur noch genervt und sauer seid.
Stellt euch also an dieser Stelle die Frage, ob die Bosheit eures Charakters offen ersichtlich ist, wie es bei einem Priester der Kirche des ersten Lichts durch seine Gewandung erkennbar ist, oder ob euer Charakter ein versteckter Bösewicht ist, wie ein rassistischer Zwergenmörder.
Überlegt euch, in welchen Spielsituationen euer Charakter ein ganz gewöhnliches Leben führen kann und versucht diese Situationen in das Spiel einzubinden, um euren Charakter ganzheitlich und authentisch darstellen zu können.
5. Der Weltuntergang ist kein Ziel!
Nachdem nun also abgeklärt ist, dass euer Charakter aus mehr besteht, als nur Bosheit, sollte es eigentlich auf der Hand liegen, was die Überschrift vermitteln will.
Warum sollte ein Charakter, der in dieser Welt lebt, die Welt untergehen lassen wollen?
Bevor hier jemand mit dem berühmten Zitat des Butlers Alfred aus Batman kommt ("Manche Menschen wollen die Welt einfach nur brennen sehen") sei hier gesagt, dass diese Motivation durchaus ihre Berechtigung hat, aber nur, wenn sie in solch hoher "Joker-Qualität" ausgelebt wird.
Da dies in der Regel die Fähigkeiten der meisten Spieler übersteigt (Wahnsinn ist mitunter extrem schwierig zu spielen) ist es allerdings empfehlenswert, sich ein durchdachteres feinsinnigeres Ziel als Fiesling zu setzen.
An dieser Stelle spielt der Anfang dieses Leitfadens "Der Ursprung des Bösen" wieder eine wichtige Rolle, denn wo, wenn nicht in der Vergangenheit des Charakters lassen sich seine Ziele finden?
Auch wenn es abgedroschen klingt, so sind Motive wie Rache, Machtgier, Neid nach wie vor die effektivsten Wege, eurem Bösewicht ein Ziel zu geben.
Ein Straßenkind, welcher sich nach oben gearbeitet hat, nach Macht strebt und nun plant, den König zu ermorden, um seinen Platz einzunehmen.
Ein Durchschnittsbürger, dessen Frau von Dunkelelfen ermordet wurde und nun die Rasse der Dunkelelfen dezimiert auf der Suche nach den Mördern.
Im Grunde steht euch das ganze weite Welt der bösen Ziele offen. Es ist nur entscheidend, dass ihr eine authentische Begründung habt, warum euer Charakter dieses Ziel verfolgt.
Wenn ein reicher Bürger plötzlich wie aus dem Nichts den Plan fassen würde, den König zu ermorden, dann wird euer Charakter schlichtweg nicht ernst genommen.
Um eine weitere Variante der Zielwahl einzuführen, so möchte ich nun Oromis, einen weisen Elf aus der "Eragon-Reihe" zitieren, welcher folgendes über das Böse zu erzählen weiß:
Die Geschichte bietet uns viele Beispiele von Menschen, die überzeugt waren, das Richtige zu tun, und in diesem Irrglauben schreckliche Verbrechen begangen zu haben. Vergiss nicht, Eragon, niemand hält sich selbst für einen Bösewicht, und nur wenige treffen Entscheidungen, die sie für falsch halten. Jemandem gefällt vielleicht im Nachhinein nicht, wie er sich entschieden hat. Aber in der Regel wird er sein Verhalten rechtfertigen, weil er glaubt, dass seine Entscheidung zum betreffenden Zeitpunkt die bestmögliche Option gewesen ist.
Ein anständiger Mensch zu sein, garantiert noch lange nicht, dass man das Richtige tut."
Auch August Strindberg bringt dies in aller Kürze auf den Punkt:
Auch wenn ich persönlich gerne ein Drache sein würde, so ist hier aber natürlich etwas Anderes gemeint:
Kein, ich wiederhole, KEIN Bösewicht hält sich selbst für den Bösen, sondern glaubt, dass sein Handeln das Richtige ist.
Vielleicht gibt er zu, dass er niedere Triebe wie Rache verfolgt, aber wenn er jemanden aus Rache töten will, dann wird diese Person es subjektiv aus seiner Sicht verdient haben.
Auch "edle" Ziele, wie die Absetzung eines tyrannischen Königs können schnell Bosheit hervorbringen, indem man ähnlich rücksichtslos wie jener Herrscher vorgeht, um sein Ziel zu erreichen.
Aber selbst das "Rasse auslöschen" kann auf diese Weise begründet werden, indem der Charakter glaubt, eine Welt ohne Zwerge wäre eine bessere Welt.
Warum er das glaubt?
Nun die Antwort auf diese Frage muss sich in der Vergangenheit eurer Charakters finden lassen, aber solange sich diese finden lässt, so glaubt euer Charakter, dass er für etwas Gutes kämpft.
Eine durchdachte Wahl und Begründung der Ziele ist also eines der entscheidensten Kriterien für einen guten Bösewicht.
Stellt euch also die Frage, was euer Charakter im Leben erreichen will, warum er das will und wie er das erreichen will. Dabei müssen nicht einmal alle Ziele böse sein. Euer Dunkelelfenrassist kann dennoch das Ziel verfolgen, zu heiraten, Kinder zu kriegen oder vielleicht einen eigenen Laden zu besitzen. (siehe Punkt 4)
Wichtig dabei ist nur, dass euer Charakter sich dabei nicht selbst als Bösewicht sieht, sondern Zeugnis darüber ablegen kann, warum er so handelt.
6. Zeig mir deine Welt!
Beherzigt ihr die vorausgehenden Punkte, so dürften auch bei diesem Unterpunkt keine größeren Probleme auftreten.
Fassen wir noch einmal zusammen:
Ihr habt bereits einen Charakter, der über ein gewöhnliches Alltagsleben verfügt, aber aus nachvollziehbaren Gründen das ein oder andere böse Ziel verfolgt.
Die wahre Kunst besteht nun darin, diese Gründe eurem Gegenüber glaubhaft zu vermitteln.
Ein Bösewicht, der nur als Bösewicht wahrgenommen wird, ist ein ideales Feindbild, welcher bei eurem Gegenüber keinerlei moralisches Dilemma herbeiführt.
Ein Vater von zwei Kindern, der den Tod seiner Frau rächen will und sich an einem Adligen rächen will ist faktisch böse, weil er Mord mit Mord vergelten will.
Der Unterschied ist, dass eure Mitspieler es nachvollziehen können. Sie entwickeln Empathie für ihn, müssen sich fragen, ob sie ihn aufhalten oder ihn unterstützen wollen...
Je lebensnaher und authentischer euer Charakter ist und desto besser ihr seine Ziele begründen könnt, desto leichter wird es euch fallen, innere Konflikte bei eurem Gegenüber hervorzurufen, indem ihr im die Welt eurer Figur zeigt.
Dabei ist es natürlich wichtig, dass ihr nicht von Beginn an all eure Karten offen auf den Tisch liegt. Wenn euer Bösewicht bereits nach zwei Abenden vollkommen durchsichtig ist, ist er langweilig. Viel sinnvoller ist es, wenn eure Mitspieler Stück für Stück etwas über die Figur lernen und sich ihr eigenes lückenhaftes Bild nach und nach schließt. So kann aus blankem Hass und Abneigung nach und nach Mitgefühl und Verständnis entstehen und vielleicht könnt ihr euch sogar damit rühmen, das sich euch jemand sogar anschließt.
Werdet ihr aber konstant als "der Böse" wahrgenommen, so wollen eure Gegenüber euch viel mehr besiegen und die Chance, auf Verständnis zu treffen, ist bedeutend geringer.
An dieser Stelle verweise ich auf einen Ausschnitt aus dem Musical "Tanz der Vampire"
In diesem verführt der Vampir "Graf Krolock" die schöne Sarah auf sein Schloss, wo er sie beißen und verwandeln will. Alfred, ein junger Mann, der in Sarah verliebt ist, eilt ihr nach, um sie zu retten.
In der Nacht beobachtet er schließlich den Grafen, wie dieser über sein "Leid" singt, eine Szene, bei der Verständnis und Mitgefühl für ebendiesen entstehen und man ihn in dieser Situation gar nicht mehr als Bösewicht wahrnimmt, sonder die gepeinigte Seele dahinter sieht.
Man wird in die Welt des Grafen entführt und kann ihn verstehen:
Link: https://www.youtube.com/watch?v=K0o5aLxDV1E&list=RDQMrpV319wQDT4&index=7
Natürlich ist dieser Schritt nur notwendig, wenn ihr mit eurem Charakter derartige moralische Konflikte hervorrufen wollt.
Wenn eure Figur als böse Macht wahrgenommen werden soll, gegen die sich die Spieler verbünden sollen, dann vergesst was hier steht und vollführt euer Schlimmstes, auf das eure Figur gehasst wird. Wenn euch das die Leute sagen, dann habt ihr auch einiges richtig gemacht.
Stellt euch also die Frage, wie ihr die Handlungsmotivation eures Charakters an eure Mitspieler weitergeben könnt, sodass diese zum Nachdenken kommen, ob eure Figur wirklich böse ist.
Erzeugt Mitgefühl und Verständnis und ihr werdet Spaß am Social-Play haben.
7. Die Macht des Bösen
Kommen wir nun zu einem der wichtigsten Punkte, die in diesem Leitfaden behandelt werden sollen und an dessen Umsetzung viele Spieler scheitern.
Viele Spieler berichten, dass ihr Hauptproblem ist, dass sie zwar eine böse Figur spielen könnten, aber da sie sich an die Seitenregeln halten müssen, die beispielsweise Powerplay verbieten, können sie im Grunde anderen Charakteren nichts antun.
Dies ist ein typischer Anfängerfehler, denn er besteht schlichtweg darin, dass man sich selbst von anderen Mitspielern abhängig macht.
Wenn ich einen Charakter bedrohe, dann liegt die Entscheidung, ob dieser sich bedroht fühlt und ob mein Bösewicht als solcher wahrgenommen wird, bei dem Spieler des Charakters. Auch jede Morddrohung verpufft wirkungslos, weil die Spieler wissen, dass ihre Charaktere nicht so einfach getötet werden können.
Wollt ihr also einen ernstzunehmenden Bösewicht spielen, so müsst ihr erreichen, dass die Situation stets in eurer Hand bleibt.
Wie das geht? - Indem ihr eure Bosheit indirekt an den Charakteren auslasst.
Bedroht nicht den Charakter, sondern dessen Familie. Nehmt einen NPC als Geisel oder werdet dabei erwischt, wie ihr eine ganze Familie abgeschlachtet habt. Spiel ihr einen einflussreichen Bösen, so reist stets mit Gefolge, um eure Überlegenheit zu präsentieren. Sprecht euch im Zweifel mit einem Admin ab, was erlaubt ist und was nicht.
Hier spielt auch eine weitere wichtige Zutat eine Rolle:
Vergesst Moral und politische Korrektheit!
Wenn ihr die Wahl zwischen einem Bauern und einer Schwangeren als Geisel habt, dann wählt die Schwangere und tötet sie notfalls auch!
Durch euer Handeln kommen Unschuldige zu Schaden? Was kümmert es euch?
Lügt und betrügt, was das Zeug hält!
Fälscht Beweise und tötet NPCs, die euch gefährlich werden können!
Behandelt jene von oben herab, die unter eurem Stand sind und schleimt euch bei denen ein, die von euch Nutzen sind.
Die vollkommene Abwesenheit von moralischer Beschränkung ist das oftmals ungenutzte Potential eines Bösewichts.
Natürlich müsst ihr darauf achten, dass euer Verhalten zu eurem Charakter passt und sich die Amoralität nur gegen jene richtet, bei denen euer Charakter Grund dazu hat.
Des Weiteren würde ich euch raten, bei sensiblen Themen wie beispielsweise einer Vergewaltigung euch zuerst die Einverständnis eures Gegenübers einzuholen und diese auch vielleicht nicht in allen Einzelheiten zu beschreiben.
Im Grunde geht es euch ja um die Wirkung die diese Tat im Nachhinein auf andere hat, nicht um die genaue Beschreibung, was ihr einem NPC antut. (dafür gibt es Fanfictions)
Eine weitere Variante, eure Bosheit authentisch darzustellen ist, dass ihr euch mit einem Mitspieler absprecht. Ob in der Szene dann bloß ihr beiden oder auch noch weitere Zeugen anwesend sind, obliegt euch, aber Fakt ist, dass der Geschädigte und die Zeugen die Ereignisse weitererzählen werden und sich so euer Ruf aufbaut.
Als letzte Möglichkeit könnt ihr euch zudem noch mit der Bitte um ein Event an die Admins wenden. Wer die Opferung von Valerie O'lores mitbekommen hat, der dürfte beispielsweise die beiden balsorranischen Vampire mittlerweile deutlich boshafter wahrnehmen.
Stellt euch also die Frage, wie ihr eure bösen Ziele effektiv in euer Spiel einbinden könnt, ohne dass ihr die Kontrolle über deren Wirksamkeit an eure Mitspieler abtretet.
Scheut euch dabei nicht, andere Mitspieler um ihre Assistenz zu bitten oder euch mit den Admins abzusprechen, ob diese euch nicht das ein oder andere (in Maßen!) erlauben können.
8. Mary Sue - Ein schmaler Grat
Zu guter Letzt sei an dieser Stelle noch gesagt, dass ein gut durchdachter Bösewicht bis hierhin recht schnell Gefahr läuft, zu einer nervigen Mary-Sue zu verkommen, was sich eigentlich ausschließen sollte, wenn man die Gestaltung des Alltagslebens pflichtbewusst durchgeführt hat. An dieser Stelle sollte eigentlich auch klar sein, dass auch ein Bösewicht die ein oder andere Schwäche besitzt, die such auch gegen ihn wenden kann.
Der Grund, warum die Gefahr dennoch besteht, ist allerdings, dass man selbst das Gefühl hat, dass ein Bösewicht mit Schwächen als nicht so bedrohlich wahrgenommen wird, was in gewisser Weise auch richtig ist.
Die Streichung sämtlicher Schwächen ist allerdings nicht die Lösung!
Vielmehr zeichnet es einen guten Bösewicht aus, dass er seine Schwächen lange geheim halten kann und so tatsächlich ein wenig als "Mary-Sue" wahrgenommen wird. Viele lieben die Vorstellung, dass ihre Charaktere einen heroischen aber aussichtlosen Kampf gegen einen übermächtigen Gegner kämpfen, also warum sollte man sie nicht in dem Glauben lassen?
Dennoch dürfen die Schwächen auf Dauer durchschimmern, gerade wenn man mit seinem Bösewicht das Ziel verfolgt, Zuneigung und Verständnis für seine Taten zu generieren.
So erscheint ein Mörder, der noch immer blind vor Trauer ist gleich viel nahbarer und bemitleidenswerter als ein Mörder, der jegliche Emotionen hinter einer Maske des Schweigens verbergen kann.
Auch ist es ein elegantes Mittel, die Schwächen in den Zielen zu suchen. So wird ein vorsichtiger logisch denkender Zwergenmörder, der schwer zu fassen ist, vielleicht seine Vorsicht aufgeben, wenn er die Chance hat, eine ganze Zwergenschar umzubringen oder wenn jene ihn verspotten.
Dieses Zitat stammt zur Abwechslung aus meiner eigenen Feder und greift im Endeffekt nur Binsenweisheiten wie "Hochmut kommt vor dem Fall auf"
JEDER Charakter und auch jeder Plan besitzt Schwächen.
Die Kunst dabei ist es, diese erst nach und nach entdecken zu lassen, sodass die vermeintliche Überlegenheit eures Charakters erst nach und nach dem Gefühl der Besiegbarkeit weichen muss.
Stellt euch also zu guter Letzt die Frage, welche Schwächen euer Charakter besitzt. Liegen diese im sozialen Bereich oder weisen seine Ziele Schwächen auf? Wie schnell wollt ihr diese enthüllen und somit die Illusion des übermächtigen Feindes bröckeln lassen?
Somit wären wir am Ende dieses kurzen, aber hoffentlich hilfreichen Leitfadens für Fieslinge.
Sollte noch etwas unklar, so stehe ich natürlich jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.
Auch möchte ich noch einmal betonen, dass ein Bösewicht, der nicht all diese Fragen zufriedenstellend beantworten kann, durchaus seine Berechtigung haben kann.
Ich bin nicht das Maß aller Dinge, was böse Charaktere angeht und vielleicht schlummert in euch ja das Talent zu einer wahren Koryphäe der Bosheit.
Bis dahin wünsche ich euch viel Inspiration und Erfolg bei der Gestaltung eures eigenen Fieslings.
euer Kuscheldrache