Schwanenchronik - Märchen zum Schwanenprinzen
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Leonus
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Schwanenchronik - Märchen zum Schwanenprinzen
von Leonus am 30.05.2017 09:28Schwanenchronik
2.Der schwarze Schwan
Es war einmal vor langer Zeit, da ritt der Schwanenprinz aus dem Wolkental am See aus Kristall entlang. Sein weißer Federumhang wehte im Wind hinter ihm und glich einem großen Engelsflügelpaar. Etwas erregte seine Aufmerksamkeit und als er von seinem schneeweißen Ross stieg fand er im Wasser eine Feder schwimmen. Sie war schwarz wie die Nacht und schimmerte im Licht geheimnisvoll. Er steckte sie fort an seinen Umhang und ritt fort. Am nächsten Tag ritt er wieder entlang und fand eine weitere Feder. Schwarz wie die Nacht. Noch prächtiger. Noch größer als die letzte und auch jene setzte er in seinen Umhang ein.
Als er am dritten Tage entlang ritt fand er erneut eine Feder vor. Verwundert suchte er dieses Mal den See ab, aber konnte keinen Vogel finden, dem diese Feder gehörte. Also ritt er wieder fort. In dieser Nacht plagte ihn der erste Traum. Es verdarb seinen Schlaf, doch am nächsten Morgen wusste der Prinz nicht was geschehen war. Er wusste nur, dass es ihn an den See am nächsten Morgen zog. In der Dämmerung erblickte er einen Schatten. Und im Nebel erspähte er einen majestätischen schwarzen Schwan der auf dem Wasser landete.
Er war ergriffen von der Schönheit des Tieres, aber als er näher trat, war er fort. In dieser Nacht war der Traum klarer. Er zeigte den Schwan erlegt als Jagdtrophäe und am Morgen spürte er den Drang das Tier zu töten. Seine Berater rieten ihm es zu tun und es als Omen zu nehmen. Der Tod des Schwans würde Unheil von ihrem Reich abwenden, so prophezeiten sie. Sie wollten ihm aus den Federn einen Umhang schenken und so zog der edle Prinz aus mit Pfeil und Bogen, um am See zu warten. Und der Schwan kam wie es die Nacht tat. Der Pfeil fand sein Ziel und der Schwan stürzte hinab ins kühle Wasser. Der Prinz eilte in den See. Seine weißen Federn schwammen auf dem Wasser wie Schaum als er den dunklen Schwan erreichte, der noch vom Leben beseelt war.
Und der Schwan war so schön als das Blut sein Federkleid verklebte und der Prinz begann bitterliche Tränen zu vergießen, als er sah was er getan hatte. Und der edle Prinz flehte zum weiten Himmel hinauf: "Was habe ich nur getan? Ich würde alles tun, um dieses Geschöpf vor Gottes Gnaden weiter leben zu sehen!" Und die schwarzen Federn in seinem Umhang breiteten sich aus und seine weißen Federn wurden schwarz und hüllten ihn ein. Verschluckten ihn wie eine arme Seele im Moor ganz allein.
Als er zu sich kam lag er in einem fremden Bett und die Decke des Baldachins war das Sternenzelt selbst. Als er sich erhob sah er eine dunkel gewanderte Gestalt am Bettende stehen. Eine Schwanenmaske verdeckte das Gesicht und eine alte Frauenstimme wies auf den schwarzen Schwan auf dem Bett. "Wenn deine Worte wahr sind, bist du bereit dem Schwan leben zu schenken?" Und er antwortete ohne Furcht: "Das bin ich. Ich stehe stets zu meinem Wort." Und die alte Frau nahm sein schönes Gesicht in seine Hände und sprach das Zauberwort. Er fiel in die Knie, schwer atmend und sah zu dem Schwan. Ein Licht wanderte von seinem Leib zu dem toten Tier und als er erneut erwachte war er am selben Ort, aber nicht mehr der Selbe.
Seine Arme und Hände waren zu Flügel geworden, seine Haut feinen weißen Federn gewichen und sein Leib der eines traumhaft schönen, majestätischen Schwans. Erschrocken floh er durchs Fenster, taumelte und starb beinahe beim Flug. Er fand ein neues Heim am See aus Kristall und die Zeit verstrich. Eines Tages ritt ein Rittersmann vorbei mit seiner Jagdgesellschaft. Einer der Ritter schoss auf den weißen Schwan und bohrte sich in den Flügel und der Schwanenprinz konnte nicht entkommen als die Jäger mit den Hunden näher kamen
Doch der Rittersmann ging dazwischen und scheuchte die Hunde fort. Er hob den Schwan sanft auf und trug ihn mit in seine Burg. Der Prinz war ganz verwundert über die Pflege, die man ihm zu Teil werden ließ und lebte auf einem weichen Kissen im Gemach des Rittersmann, schwamm in seinem Gartenteich als Schwan und wartete darauf, dass sein Flügel verheilte.
Als der Prinz glaubte, er könnte wieder frei sein und die Hexe suchen, aber der Rittersmann ließ ihn nicht fort. Als er den verheilten Flügel entfaltete, fing der Rittersmann den weißen Schwan und sperrte ihn in einen Käfig ein. Egal wie sehr der Schwann sich wehrte und schrie, er blieb unerhört. Der Rittersmann besah ihn lange und genau ohne etwas zu tun.
Eines Nachts, als der Vollmond schien, nahm der Rittersmann ihn mit zurück zum See und öffnete den Käfig. Er setzte ihn ins Wasser und der Prinz hielt verwundert inne und blickte ihn an. "Ich habe nicht vergessen, was du getan hast", sprach mit einem Mal der Rittersmann, "Ich bin dir zu Dank verpflichtet, aber du weißt nicht einmal was du getan hast. Ich bin der schwarze Schwan, dem du das Leben nahmst. Und mein Fluch ist nun der deine. Du wirst niemals frei sein, denn der Fluch sprach meine Mutter, die Königin aus den Ländern der Nacht." Er besah den Schwan und sah dann auf zum vollen Mond. Ein Schatten lag auf seinen Zügen.
"Meine Zeit ist lange vorbei. Ich hörte deinen Landsleuten zu und alle preisen und lieben dich. Du hast mehr verdient als dieses Dasein. Ich wurde bestraft, doch du hast diese Strafe nicht verdient." In seinen Händen hält er drei Federn. Jene, die er einst dem Prinzen zum Geschenk machte. In seinen Händen werden sie zu Staub und er flüstert das Zauberwort. Der Fluch wird umgekehrt und aus einem Meer aus weißen Federn erhebt sich der edle Prinz wie neu geboren, während dem Rittersmann schwarze Federn sprießen. Ein letztes Lächeln, dann ward er wieder zum Schwan geworden. Bevor der Prinz etwas tun konnte, entfloh der Schwan in den weiten Horizont.
Zurück ließ er dem Prinzen nur seine schönste Feder.
-Ein Ausschnitt aus der Schwanenchronik in welche die Märchen des Schwanenprinzen enthalten sind